Liebe Gemeinde,
heute gibt es Schwarzbrot in der Predigt. Bei den ganzen Bredla und Lebkuchen in diesen Tagen, tut das uns ja vielleicht auch mal ganz gut. Was ich damit meine ist, dass es der heutige Predigttext ganz schön in sich hat. Lang ist der Predigttext nicht. Er besteht eigentlich nur aus einem Satz. Allerdings ist es ein ganz schön vollgepackter und dichter Satz. Aber hören und lesen Sie selbst. Titus Kapitel 3, die Verse 4-7.

4 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands,
5 machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist,
6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland,
7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben seien nach der Hoffnung auf ewiges Leben.

Titus 3, 4-7

Liebe Gemeinde, dieser Satz ist eine Meisterleistung, denn kurzer und prägnanter kann man den Kern unseres christlichen Glaubens kaum zusammenfassen. In nur einem Satz erklärt der Schreiber des Titus-Briefes, was wir als Christen glauben. Um den Inhalt zu erfassen, will ich mit Ihnen den Satz nun etwas entzerren. Wir werden dazu sechs sogenannte W-Fragen an den Text stellen. Wir beginnen ganz grundsätzlich mit der Frage nach dem


Was? – Um was geht es?
Rein grammatikalisch betrachtet, gibt es in dem Satz nur einen Hauptsatz und der ist ganz kurz.

Er machte uns selig.

Titus 3, 5a

Das ist der Kern. Darum geht es. „Er machte uns selig.“ Aber was heißt das eigentlich? Selig ist nicht gerade ein Wort der Alltagssprache. Wörtlich übersetzt heißt es: er hat uns errettet. Wir als Christen glauben, dass wir gerettet sind. Die Bibel und insbesondere das Neue Testament ist voll von Rettungsgeschichten. Ja, die ganze Geschichte, die Gott mit seinen Menschen schreibt, die sogenannte Heilsgeschichte ist eine Rettungsgeschichte. Am Anfang haben sich die Menschen gegen ein Leben in Gemeinschaft mit Gott, ihrem Schöpfer entschieden. Doch Gott konnte und wollte die Verlorenheit seiner Geschöpfe nicht so stehen lassen. Und deshalb hat er eingegriffen und uns gerettet. An dieser Rettung kann niemand mehr rütteln. Wir sind gerettet. Oder eben selig, wie es Luther sagt. Die Zeitform, die hier im Griechischen benutzt wird, macht deutlich, dass das Geschehen unserer Rettung einmalig und abgeschlossen ist. Niemand und nichts kann uns also unsere Rettung wieder nehmen. Dieser Kern unseres Satzes, wird nun mit den Nebensätzen drumherum weiter beschrieben. Fangen wir mit dem ersten an. Der antwortet auf die Frage, wann die Rettung geschehen ist.


Wann hat er das getan?

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes.

Titus 3, 4

So sagt es unser Text. Und damit, liebe Gemeinde, sind wir bei Weihnachten. Im Kind in der Krippe ist die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes erschienen.
Gott liebt uns. Gott ist gütig.  Gott meint es gut mit uns. Solche Sätze sind ja schnell gesagt. Doch an und mit Weihnachten werden sie mit Inhalt, ja wortwörtlich mit Leben gefüllt. Greifbarer, Fassbarer, klarer geht es nicht. Gott wurde Mensch. Das war und ist unserer Rettung. Gottes Masterplan. Er kommt selbst, um uns zu retten.  Gott hat uns seine Freundlichkeit gezeigt und er hat uns gezeigt, dass er uns Menschen liebt. Ja, dass wir ihm so viel wert sind, dass er seinen Sohn persönlich zu uns geschickt hat. Gott meint es gut mit uns. Er schaut uns freundlich an. So wie ein kleines Baby einen mit drei oder vier Monaten einfach bedingungslos anstrahlt. Wie passend, dass Gott uns seine Freundlichkeit und Menschenliebe als Baby zeigt.
Doch es greift zu kurz, wenn wir hier bei Kind in der Krippe stehen bleiben. Auch das ganze Leben Jesu, sein Sterben und seine Auferstehung gehören dazu.
Das Kommen Jesu in unsere Welt, war der Zeitpunkt, an dem Gott die Verbindung zu ihm ein für alle Mal wiederhergestellt hat. Daran kann keiner mehr rütteln. Begonnen hat das mit der Geburt Jesu. Und es besteht bis heute.
Gott wird Mensch. Das ist ein einmaliges Geschehen. Das unterscheidet den Gott, an den wir glauben, von allen anderen Gottesvorstellungen. Und damit sind wir bei der nächsten Frage:


Wer? Wer ist dieser Gott, der sich in Menschenliebe und Freundlichkeit uns Menschen zuwendet, um uns zu retten?
Es ist der dreieinige Gott. Und so birgt der Satz auch einer der größten Geheimnisse unseres christlichen Glaubens. Die Dreieinigkeit Gottes. Das Gott 3 in 1 ist. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Alle drei wirken zusammen. Alle drei sind Gott. Und doch sind sie auch voneinander unterschieden. So ganz verstehen werden wir das wohl nie, aber wir können uns annähern, wenn wir uns klarmachen, wie die ersten Christen erkannt haben, dass Gott irgendwie 3 in 1 sein muss.
Als Jesus vor 2000 auf der Erde lebte und wirkte, da erkannten die Menschen, dass er Dinge tat, die nur Gott tun kann. Sie erkannten: Er ist wie Gott. Ja, er ist offenbar Gott in Menschengestalt. Da hatten sie Gott zweifach. Und um sie unterscheiden zu können, nannten die Jesus den Sohn und Gott den Vater. Und als die Menschen darüber nachdachten, wie ihnen das bewusstgeworden war, merkten sie, dass sie sich das nicht selbst ausgedacht haben. Die Erkenntnis, dass Jesus Gott ist, hat sich ihnen regelrecht aufgedrängt. Es hat ihnen eingeleuchtet. Und so wurde den ersten Christen klar, dass diese Erkenntnis auch derselbe Gott wirkt, der ihnen in Jesus begegnet ist. Diese dritte Form der Begegnung mit Gott, die Erkenntnis und Glaube wirkt, nannten sie den Heiligen Geist.
Dieser Prozess und das Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist ist in unserem Satz ganz komprimiert dargestellt. Wichtig ist, dass es eben nicht irgendein Gott ist, der Rettung schenkt. Es führen eben nicht alle Wege nach Rom, beziehungsweise zur Rettung. Der dreieinige Gott ist es, der uns als Schöpfer durch seinen Sohn Christus gerettet hat und uns den heiligen Geist schenkt, dass wir das glauben können.


Aber Warum eigentlich?Aus welchem Grund machte Gott uns selig? Warum kam er persönlich, um uns zu retten?
Der Titusbrief sagt:

nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit.

Titus 3, 5

Gott macht es nicht wie der Nikolaus, der, bevor er seine Geschenke verteilt, fragt, ob wir auch recht artig waren. Nein, nicht, weil wir es verdient hätten, greift Gott ein. Seine Rettung ist keine Belohnung für alles Gute, was wir getan haben. Nicht wegen unserer Werke, sondern wegen seiner Barmherzigkeit rettet er uns. Weil er mit uns fühlt und leidet, deshalb rettet er uns.
Das heißt im Umkehrschluss, dass keiner von uns zu schlecht ist, um von Gott gerettet zu werden. Keiner bringt zu viel Schlechtes oder zu wenig Gutes mit. Im Gegenteil: Wer zu viel Gutes selbst in den Händen hält und vorbringen will, hat keine Hand mehr frei, um den Rettungsring Gottes zu greifen. Und auch all das Ungute, das uns nach unten ziehen und immer weiter von Gott trennen will, hindert Gott nicht an seiner Rettung.
Der dreieinige Gott hat uns gerettet, weil er Mitleid mit uns hatte. Doch wie wird diese Rettung für uns greifbar?


Wodurch wird das in unserem Leben eigentlich sichtbar und spürbar? Wodurch haben wir an Gottes Rettung Anteil?

5b durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist,
6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland

Titus 3, 5b + 6

Durch zwei Dinge gibt uns Gott Anteil an seiner Rettung. Zum einen durch das Bad der Wiedergeburt und zum anderen durch die Erneuerung im Heiligen Geist.
Zum ersten: dem Bad der Wiedergeburt. Gemeint ist damit die Taufe. Bei der Taufe haben wir Anteil am Tod und der Auferstehung von Jesus. Das ist zugegeben bei dem bei uns heute üblichen Betröpfeln mit Wasser nicht mehr so ganz deutlich. Aber in der ursprünglichen Form, bei der man ganz untergetaucht wurde, wird das deutlicher.  Das Untertauchen im Wasser symbolisiert die persönliche Verbindung mit dem Tod von Jesus und das Wiederauftauchen die Rückkehr ins Leben. Durch die Taufe wird unsere ganz persönliche Geschichte mit dem Tod und er Auferstehung von Jesus in Verbindung gebracht.
Die Taufe allein ist es aber nicht, die selig macht. Dazu kommt zweitens noch die Erneuerung im Heiligen Geist. Man könnte auch Glaube dazu sagen. Taufe und Glaube gehören zusammen. So formuliert es auch Jesus nach dem Markus-Evangelium: Wer glaubt und getauft ist, der wird gerettet werden.- heißt es da. Glaube ist jedoch auch keine Eigenleistung von uns. Wie vorhin schon erwähnt, ist es der Heilige Geist, der den Glauben ins uns wirkt. Und der weht, wie es im Johannesevangelium heißt, wo er will. Das heißt, der Heilige Geist ist für uns Menschen nicht auf Knopfdruck verfügbar. Er ist Gottes Gabe. Aber Gott gibt ihn reichlich. Er hat ihn reichlich ausgegossen.  
Als Getaufte und vom Heiligen Geist mit Glauben Beschenkte sind wir Gerettete.
Bleibt zuletzt noch eine Frage offen:


Wozu – das Ganze? Mit welchem Ziel rettet uns Gott?

damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben seien nach der Hoffnung auf ewiges Leben.

Titus 3, 7

Mit dieser Zielformulierung endet unser Satz. Wir Christen sind Erben des ewigen Lebens. Das ist unsere Hoffnung. Deshalb brauchen wir auch keine Angst vor dem Tod haben. Deshalb müssen wir am Grab eines geliebten Menschen nicht verzweifeln. Christus ist auferstanden. Und mit ihm, das ist unsere christliche Hoffnung, werden auch wir auferstehen.
Man könnte hier mal wieder einwerfen, dass der christliche Glaube immer nur auf das Jenseits vertröstet. Dass Gottes Rettungsplan ja nur auf das abzielt, was nach dem Leben hier kommt. Dass es also jetzt gar keinen Unterschied macht, ob wir nun getauft sind, ob wir an Jesus Christus glauben und ob wir nun gerettet sind oder auch nicht.  Dem ist aber nicht so. Unser Status als „Selige“, als Erben des ewigen Lebens hat auch schon eine Auswirkung auf unser Leben jetzt. Im Kontext unseres Satzes wird dies deutlich. Es geht um ein neues, ein anderes Verhalten. Eines, das unserem Status entspricht. Eines, das erkennen lässt, dass wir Erben sind. Dass wir durch Gottes Gnade gerecht geworden sind. Dass wir Getaufte sind. Dass der Heilige Geist uns berührt hat und in uns regiert. Ja, dass wir eben Gerettete sind. Denn die Gnade Gottes verändert uns. Im 2. Kapitel des Titusbriefes werden recht konkrete Anweisungen für das Verhalten verschiedener Alters- und Zielgruppen in der Gemeinde gegeben. Und dann heißt es:

Denn ´in Christus` ist Gottes Gnade sichtbar geworden – die Gnade, die allen Menschen Rettung bringt. Sie erzieht uns dazu, uns von aller Gottlosigkeit und von den Begierden dieser Welt abzuwenden und, solange wir noch hier auf der Erde sind, verantwortungsbewusst zu handeln, uns nach Gottes Willen zu richten und so zu leben, dass Gott geehrt wird.

Titus 2, 11+12 (NGÜ-Übersetzung)

Gott kommt in seinem Sohn zu uns und zeigt uns, seine Freundlichkeit und Menschenliebe. Und von dieser Liebe angesteckt, sind auch wir aufgefordert, unseren Mitmenschen freundlich und mit Liebe zu begegnen. Als Gerettete machen wir schon heute einen Unterschied.

4 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, 5 machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist,
6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland,
7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben seien nach der Hoffnung auf ewiges Leben.

Titus 3, 4-7

Amen.

Die Predigt wurde am 1. Weihnachtsfeiertag 2019 in der Stadtkirche St. Veit in Waldenbuch gehalten.
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