Liebe Gemeinde,
kennen Sie Menschen, die so richtig für eine Sache brennen? Die stundenlang von dem, was sie begeistert, erzählen können und dabei leuchtende Augen haben?
Mich faszinieren solche Menschen. Ihre Begeisterung ist ansteckend. Sie können einem Themen nahebringen, die einem bisher völlig fremd waren. Sie wecken allein durch ihre Art zu reden, Interesse. Und plötzlich hört man sich Details über Modelleisenbahnen oder die Funktionen einer neuen Küchenmaschine an und findet das nicht mal mehr langweilig. Man spürt bei solchen Menschen, dass sie wissen, wovon sie reden. Man nimmt ihnen ab, dass sie Experten in ihrem Thema sind. Sie sind absolut überzeugend.
In unserem heutigen Predigttext geht es um das Brennen für die gute Nachricht von Jesus Christus. Ich lese aus dem 2. Korintherbrief im 4. Kapitel die Verse 3-6:
Dennoch kann die Gute Nachricht, die wir verkünden, jemandem wie von einem Schleier verhüllt vorkommen. Sie ist aber nur für die Menschen verhüllt, die verloren gehen. Der »Gott« dieser Welt hat die Sinne der Ungläubigen mit Blindheit geschlagen. So können sie das Licht nicht sehen, das die Gute Nachricht bringt. Dieses Licht ist die Herrlichkeit von Christus, der das Ebenbild Gottes ist. Denn wir verkünden nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, den Herrn. Uns hat Jesus nur dazu bestimmt, euch zu dienen. Gott hat einst gesagt: »Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!« Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen. Durch uns sollte das Licht der Erkenntnis aufleuchten: Die Herrlichkeit Gottes sollte sichtbar werden, die uns in Jesus Christus begegnet.
2. Korinther 3-6
Paulus ist in einer schwierigen Situation. Nachdem verschiedene Leute mit irgendwelchen Empfehlungsschreiben in der Korinther Gemeinde aufgetaucht waren, wird plötzlich an seiner Legitimation gezweifelt. Paulus kann keine Empfehlungsschreiben vorweisen, was ihm manche in der Korinthergemeinde nun vorwerfen. Ist er glaubhaft in seiner Verkündigung? Hat er Autorität? Paulus verteidigt sich. Nicht auf menschliche Empfehlungsschreiben kommt es an, sondern auf das, was Gott in den Gemeinden durch die Verkündiger wirkt. Es kommt darauf an, dass Menschen anfangen, für Jesus Christus zu brennen. Und dass diejenigen, die verkündigen, selbst Feuer und Flamme sind. Es geht nicht um die Person des Predigers oder des Gemeindeleiters, sondern um die Botschaft. Paulus schreibt:
Denn wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, den Herrn.
2. Korinther 4,5a
Ob die Botschaft von Jesus Christus ankommt oder nicht hat aber letztlich nicht der Verkündiger in der Hand. Kein noch so guter Prediger kann die Menschen zum Glauben überreden. Und so gibt es manche, für die die Gute Nachricht wie von einem Schleier verhüllt ist. So schreibt es Paulus. Das sind die Menschen, die verloren gehen. Paulus sagt das knallhart. Sie können das Licht nicht sehen, es nicht an sich heranlassen, weil der Gott dieser Welt oder wörtlicher dieser Weltzeit die Sinne der Ungläubigen mit Blindheit geschlagen hat.
Mit Gott dieser Weltzeit meint Paulus den Gegenspieler Gottes. Durch die Bezeichnung „Gott dieser Weltzeit“ macht Paulus schon deutlich, dass dieser Gegenspieler zwar übermenschliche Macht hat – er nennt ihn Gott, aber dass diese Macht auf diese Weltzeit befristet ist. Doch auch wenn seiner Macht damit Grenzen gesetzt sind, tut er alles, was in seiner Macht steht, um die Menschen zu einem Verhalten zu verführen, das dem Willen Gottes widerspricht. Dabei ist sein Ziel nicht in erster Linie die Verführung zu einzelnen Sünden. Der Gegenspieler weiß, dass dafür die Vergebung in Jesus da ist. Es geht ihm vielmehr darum, dass Menschen Jesus als ihren Retter und Herrn gar nicht erst finden. Deshalb ist es sein Ziel, die Menschen taub für die Gute Nachricht von Jesus Christus und blind für das Licht der Welt zu machen. Ohne das Eingreifen Gottes bleiben die Menschen in der Finsternis gefangen.
Das wirkt wie ein Machtspielchen zwischen Gott und seinem Widersacher auf Kosten der Menschen. Man kann da ja so einige Anfragen stellen: Warum bekommt der Gegenspieler so viel Macht vom Allmächtigen? Warum greift Gott nicht immer ein? Warum öffnet er nicht allen Menschen die Augen?
Auch wenn es unbefriedigend ist, können wir diese Fragen meines Erachtens im Letzten nicht beantworten. Wir können nicht erklären, wer warum mit Blindheit geschlagen wird und wem Gott aus welchem Grund die Augen öffnet. Auch Paulus erklärt nicht, er stellt nur fest, was vor sich geht, wenn bei Menschen die gute Nachricht nicht ankommt. Und das kann ja so frustrierend sein, gerade auch in der Gemeindearbeit. Da überlegt man sich ansprechende Formate, man investiert viel Zeit, Liebe und Herzblut. Man versucht die beste Botschaft der Welt auch bestmöglichst zu vermitteln und es kommt einfach nicht an. Die Leute fanden die Veranstaltung nett und den Gottesdienst schön, aber ins Herz getroffen hat sie die Botschaft, die Rettung, Heil und Leben bringt, nicht. Das ist das Rätsel des Unglaubens.
Wir können jetzt hier frustriert stehen bleiben und resigniert aufgeben. Da es offensichtlich ohnehin nicht in unserer Hand liegt, ob Menschen zum Glauben an Jesus Christus finden oder nicht, können wir unsere ganzen Bemühungen einfach sein lassen. Vor allem die missionarischen. Den Schleier können wir nicht wegheben, die blinden Augen nicht öffnen.
Das ist richtig, wir können nicht machen, dass ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus findet. Das liegt nicht in unserer Macht. Aber doch können und müssen wir von dem Reden, was uns begeistert. Gott hat es in unseren Herzen hell werden lassen. Wie er am Anfang der Welt sprach: Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten, so hat er es auch in uns das Licht angemacht. Er hat in uns ein Feuer für ihn entzündet. Mit dem von Gott erhellten Herzen können wir erkennen, dass uns in Jesus Christus die Herrlichkeit Gottes begegnet. Wir sehen in Jesus mehr als nur einen besonderen Menschen – wir erkennen in ihm das Ebenbild Gottes. Gottes Sohn, den Retter der Welt. Die Weisen aus dem Morgenland hatten so ein erleuchtetes Herz, denn sie sahen im Kind im Stall mehr als nur ein Baby – sie erkannten den König der Welt. Letztlich kann nur derjenige, dem Gott ein Licht aufgehen lässt, die Weihnachtsbotschaft verstehen. Gott wird Mensch, um uns Menschen aus unserer Verlorenheit herauszuholen. Für alle, die mit Blindheit geschlagen sind, bleibt diese gute Nachricht wie unter einem Schleier verborgen. Alle, denen Gott es in den Herzen hell macht, erkennen das als lebensnotwendige Wahrheit.
Unsere Aufgabe ist es, die göttlichen Strahlen wie in einem Spiegel aufzufangen und auszustrahlen in die Welt. Das wahre Licht Jesu spiegelt sich zuerst in unseren Herzen wider, dann auch in unserem Angesicht, in unserem Tun und Reden.
Was sehen die Menschen, wenn sie uns begegnen? Feuer für Jesus? Wird in unserem Leben, in unserem Reden und Tun sichtbar, dass wir für Jesus brennen? Dass wir von ihm begeistert sind? Wie könnte das konkret aussehen?
Es fängt damit an, dass ich meinen Glauben, meine Beziehung nicht verschweige. In Deutschland ist es ja nicht en vogue über seinen Glauben zu sprechen. Als 2015 die großen Flüchtlingsströme aus Syrien und anderen vor allem muslimisch geprägten Ländern zu uns kamen, wurde auch bei Kirchens viel darüber diskutiert, ob Angebote für Geflüchtete missionarisch sein dürfen. Darf man den Menschen von Jesus Christus erzählen? Darf man sie zu kirchlichen Veranstaltungen mitnehmen? Darf man die Kinder in die Jungscharen einladen? Laute Stimme waren der Meinung, dass die Leute ja erstmal hier ankommen und der Erlebte verarbeiten müssten und Religion zu privat sei, um gleich darüber ins Gespräch zu kommen.
Das ist allerdings deutsches Denken. Viele Geflüchtete wundern sich, dass wir nicht über unsere Religion sprechen. Sie gehen viel offener mit ihrem Glauben um, haben ihn vielmehr in ihren Alltag integriert. Religion an Privatsache über die man nur mit bestimmten Leuten in bestimmten Kreisen spricht, irritiert sie. Und es sollte auch uns irritieren.
Eingangs habe ich gesagt, wenn jemand begeistert ist, dann redet er ununterbrochen über sein Thema. Wir reden über Fußball, über die Politik und die Wirtschaft, über unsere Kinder, Enkel und Haustiere, über unsere Urlaube und unsere Hobbies – aber wann reden wir über Jesus? Wann erzählen wir von unserem Retter und dem, was er für uns getan hat – und zwar mit leuchtenden Augen und einer Begeisterung, die ansteckend ist?
Das eine ist das Reden – das andere ist das Tun. Wenn mir jemand begeistert von seinem Fahrrad erzählt, ich ihn aber immer nur im Auto antreffe, dann frage ich mich, ob diese Begeisterung echt oder doch nur oberflächlich ist. Wenn jemand ein begeisterter Hobbykoch ist und stundenlang über seine neuesten Kreationen redet, ich in seinem Einkaufswagen beim Aldi aber nur Fertiggerichte finde, zweifle ich an seiner Glaubwürdigkeit. Genauso ist es mit unserem Glauben: Wenn wir von einer Liebe reden, die uns verändert, aber mit den Menschen in unserem Umfeld total lieblos umgehen, dann sind wir unglaubwürdig. Wenn wir von Jesus erzählen, der uns all unseren Mist vergibt und uns trotz unserer Fehler annimmt, dann können wir nicht ständig auf andere zeigen, uns über sie erheben und unversöhnlich sein. Und letztlich wird es ganz praktisch: Wenn wir predigen, dass Gott alle Menschen liebt und alle mit einer unverletzlichen Würde ausgestattet hat, dann kann es uns nicht egal sein, dass weltweit Millionen Menschen für unseren Lebensstil ausgebeutet werden. Dann muss sich unser Glaube auch in unserem Kauf- und Konsumverhalten widerspiegeln. Im Epheserbrief schreibt Paulus:
Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Epheser 5, 8-9
Weil Gott in uns gewirkt hat und das Licht Jesu unser Herz erreicht hat, gehören wir auf die Seite des Lichts. Das ist ein unerklärliches Wunder, so wie es ein Wunder war, dass Gott aus der Finsternis das Licht erschaffen hat. Ein Geschenk, das wir letztlich nicht erklären, sondern nur dankbar annehmen können. Jetzt ist es unsere Aufgabe, das Licht in und durch uns in die Welt zu tragen und damit die Finsternis zu durchbrechen. Dazu sind wir beauftragt. Dabei lassen wir uns nicht davon entmutigen, dass bei manchen die gute Nachricht auf taube Ohren stößt und sie blind für das Licht sind. Vielmehr beten wir für diese Menschen in der Hoffnung und dem Vertrauen, dass die Macht des Gegenspielers begrenzt ist und Gott, der Allmächtige Blinde sehend machen kann.
Amen.
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Die Predigt wurde am 6. Januar 2023 in der Auferstehungskirche in Ruit gehalten.
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