Beschenkt. Wurdest du heute schon beschenkt? Bestimmt haben die meisten von euch heute schon Bescherung gefeiert. Heiligabend und Weihnachten sind für uns traditionell mit Geschenken verbunden. Das haben wir Martin Luther zu verdanken. Er war es, der 1535 den bis dahin üblichen Brauch, die Kinder zu Nikolaus zu bescheren, auf Weihnachten verlegte. Die Geschenke stellen seitdem keine Belohnung für besonders braves Verhalten mehr dar. Das „Christkind“ bringt sie gratis – als ein Sinnbild für das große Geschenk, das Gott den Menschen mit seinem Sohn gemacht hat. Die Geschenke sollen uns daran erinnern, dass wir von Gott Beschenkte sind.

Von Gott Beschenkte. An Weihnachten schenkt uns Gott seinen Sohn. Das wissen wir seit der Kinderkirche. Daran erinnern wir uns alle Jahre wieder. Aber mal ganz ehrlich: Was heißt das eigentlich? Was steckt in dem großen Geschenkpaket „Jesus Christus“ eigentlich alles drin?

Mir fallen da verschiedene Schlagwörter ein, die in der Weihnachtszeit nicht umsonst überproportional oft vorkommen: Friede, Freude und Hoffnung.

Das sind die großen christlichen Begriffe, und manch einer wird denken, langweilig. Das ist ja nichts Neues. Aber ich will die Begriffe nicht einfach so stehen lassen, sondern versuchen, sie zu füllen und konkret werden zu lassen.

Ich beginne mit dem Frieden. Der Engelschor bei den Hirten auf dem Felde singt:

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens

Lukas 2,14

– Ein Viertel der Deutschen hat während der Weihnachtstage Streit – das belegen verschiedene Umfragen. In der Ukraine, in Syrien, im Jemen und an anderen Orten in dieser Welt kehrt mit Weihnachten nicht plötzlich der Frieden ein. Immer wieder werden gerade Weihnachtsgottesdienste zum Ziel terroristischer Anschläge. Friede kann also doch nicht wirklich in dem Geschenk drinstecken und wenn ja, dann scheint er irgendwie kaputt zu sein, oder?

Jesus selbst weist uns darauf hin, dass der Friede, der mit ihm in die Welt gekommen ist, ein anderer ist als der, den wir uns zunächst vorstellen. Als er sich von seinen Freunden verabschiedet, sagt er:

Ich gebe euch meinen Frieden. Ich gebe euch nicht den Frieden, wie ihn diese Welt gibt. Lasst euch im Herzen keine Angst machen und lasst euch nicht entmutigen.

Johannes 14,27

Der Friede, der mit Jesus in die Welt kommt, ist zuerst mal kein Weltfriede. Es ist der Friede zwischen Gott und uns Menschen, der durch Jesus möglich wird. Weil Gott sich auf den Weg gemacht und als Mensch in dieser Welt gelebt hat, weil er gestorben und auferstanden ist, deshalb ist Friede zwischen Gott und uns möglich. Die wichtigste Beziehung überhaupt kommt also mit und durch Jesus Christus in Ordnung – nämlich die zwischen dir und deinem Schöpfer. Das ist der Friede, von dem Jesus spricht.

Dieser Friede bleibt jetzt aber nicht einfach eine Sache zwischen dir und Gott. Wenn du mit Gott im Frieden bist, dann verändert dich das. Dann wirst du auch mit dir selbst in Frieden kommen, weil du weißt, ich muss nichts leisten. Ich bin geliebt und angenommen, so wie ich bin.

Und es wird dir leichter fallen mit den Menschen in deinem Umfeld in Frieden zu leben. Weil Gott dir einen Friedensvertrag angeboten hat, kannst du leichter, den Menschen in deinem Umfeld ein Friedensangebot machen. Weil Jesus für dich Recht geschaffen hat, musst du nicht mehr auf dein Recht pochen. Und so kannst du dich mit deinem Partner versöhnen, wenn ihr euch gezofft hat. Du kannst auf deine Nachbarn zugehen, mit denen du seit Monaten im Clinch bist und du kannst sogar Menschen vergeben, die dich richtig arg verletzt haben. Der Friede, den uns Gott in Jesus Christus schenkt, hat also durchaus schon jetzt Auswirkungen auf unser Zusammenleben und unsere Welt.

Und einmal, das hat Jesaja bereits angekündigt, einmal wird Jesus Christus wieder kommen und dann wird es wirklich den Weltfrieden geben, den wir uns alle immer wieder so sehr wünschen. Dann werden der Wolf und das Lamm nebeneinander liegen und aus den Schwertern werden Pflugscharen gemacht. Dann wird wirklich Frieden auf Erden sein.

Packen wir weiter aus und kommen zur Freude. Man spricht ja viel von der Weihnachtsfreude. Und viele von uns freuen sich sicher auch immer schon lange auf Weihnachten. Da sieht man mal wieder die ganze Familie und vielleicht auch ein paar alte Freunde. Man hat Zeit. Es gibt gutes Essen. Man kommt zur Ruhe. – Manche freuen sich aber genau aus diesen Gründen auch nicht auf Weihnachten. Und manche, die haben so harte Dinge erleben müssen, dass das mit der Freude grundsätzlich sehr schwierig und in der ach so fröhlichen Weihnachtszeit noch viel schwieriger ist. Wie ist das also mit der Weihnachtsfreude und den fröhlichen Weihnachten?

Der Engel, der zu den Hirten auf das Feld kam, sagte zu ihnen:

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren.

Lukas 2,10f

Der Grund der Freude, von der der Engel spricht, ist die Geburt des Heilandes. Und der ist tatsächlich geboren. Ganz unabhängig von meinen Gefühlen und meiner Stimmungslage – der Heiland ist geboren. Das ist der Grund, warum wir überhaupt Weihnachten feiern. Das ist der Grund, warum wir an Weihnachten von Freude sprechen.

Diese Freude erleben wir in der Begegnung mit dem Kind in der Krippe – mit Jesus. Als die Weisen aus dem Morgenland Jesus endlich gefunden hatten, waren sie hocherfreut. Wörtlich steht da: Sie freuten sich mit einer großen Freude. Die waren außer sich vor Freude und konnten ihr Glück kaum fassen. Endorphine noch und nöcher. Und trotzdem glaube ich, dass es nicht nur ein von Hormonen gesteuerter Hochmoment war, der schon bald wieder von Problemen wie der Angst vor Herodes oder der beschwerlichen weiten Heimreise überlagert worden war. Die Freude, die sie bei und durch Jesus Christus erfahren haben, hat sie tiefer berührt und verändert. Sie nahmen sie mit nach Hause – ja sie begleitete die Männer ab dem Moment, in dem sie Jesus kennengelernt haben, durch ihr ganzes Leben. Denn die Freude, die uns in und mit Jesus Christus geschenkt ist, ist mehr als nur ein Gefühl. Mehr als nur eine Empfindung. Sie sitzt tiefer und ist am Ende unabhängig von den äußeren Umständen. Christen, die aufgrund ihres Glaubens bedroht und verfolgt werden, berichten immer wieder, wie sie in und trotz alldem eine große Freude an Jesus empfinden.

Was kann uns helfen, diese situationsunabhängige Freude in uns zu haben und vor allem auch in uns zu behalten? Ich denke, es ist wie bei den Weisen die Begegnung mit und der Blick auf Jesus Christus. Auf das Kind in der Krippe, das mir zeigt: Ich bin Gott nicht egal. Er kam für mich in diese Welt. Auf Jesu Leben und Wirken, das mir deutlich macht: Jesus ist voll anders. Er steht denen zur Seite, die sonst keiner sieht. Er will mir erfülltes Leben und Heilung schenken. Auf Jesus am Kreuz, der mir vor Augen malt, wie sehr mich Gott liebt. Und auf Jesus den Auferstandenen, der ein für alle Mal klar macht: Ich bin das Leben. Ich bin stärker als alles, was dem Leben entgegensteht. Der Tod und damit alles Widergöttliche ist besiegt. Niemand und nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

Eng mit der Freude verbunden ist die Hoffnung.

Seit Jesus in die Welt gekommen ist, gibt es ein Licht am Ende des Tunnels. Jesaja kündigt dieses Licht bereits um die 500 Jahre vor der Geburt Jesu an. Er schreibt:

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

Jesaja 9,1

Licht, das heißt Leben. Das heißt Wärme. Das heißt Zukunft und Hoffnung. 

Das hört sich schön an, aber gleichzeitig stellt sich ja auch hier die Frage, ob der Zustand unserer Welt, ob das, was jeden Tag auf uns einströmt, nicht so dunkel ist, dass das Licht keine Chance mehr hat und die Hoffnung in uns immer kleiner wird. Täglich konfrontieren uns die Medien mit Nachrichten, die aller andere als hoffnungsvoll sind: der Krieg in der Ukraine, Inflation, Klimakrise, Hungersnot in Somalia, Medikamentenmangel in Deutschland… Ihr könnt die Liste selbst fortsetzen.

Ich denke, wir haben drei Möglichkeiten mit dem Zustand unserer Welt, aber auch mit persönlichen Herausforderungen und Problemen umzugehen. Wir können erstens daran verzweifeln. Weil wir nur noch das Dunkle sehen und dem Licht keine Chance mehr geben. Wir können zweitens möglichst alles ausblenden oder passiv hinnehmen. Das macht uns gefühlslos und damit irgendwie leblos. Oder wir können drittens der Hoffnung und damit Jesus Christus eine Chance geben. Und genau das ist die Perspektive, die uns Christen mit Jesus geschenkt ist. Für uns gibt es keine hoffnungslosen Situationen und keine hoffnungslosen Fälle, weil wir glauben und wissen, dass mit der Geburt von Jesus Christus ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte begonnen hat. Gott kommt in die Welt, um die Welt zu retten. Er überlässt uns Menschen nicht uns selbst, nein, er greift aktiv ein und wendet unser Schicksal.  Er bringt Licht ins Dunkel.

So wie Jesus das zum Beispiel bei den Schwestern Maria und Martha getan hat. Ihr Bruder Lazarus war gestorben. Sie hatten gehofft, dass Jesus noch rechtzeitig kommen und ihren Bruder heilen würde, aber dem war leider nicht so. Und so beweinten sie bereits ihren toten Bruder, als Jesus zu ihnen kam. Jetzt war die Situation doch hoffnungslos. Hoffnungsloser geht praktisch gar nicht. Aber genau das war sie für Jesus eben nicht. Jesus ruft Lazarus aus dem Grab heraus und Lazarus lebt. Jesus ist der Herr über Leben und Tod. Er ist der Herr über mein Leben, über das was ist und was noch kommen wird – und er ist der Herr über diese Welt mit all ihren Krisen und Katastrophen. Das macht Hoffnung.

Eine Frage ist für mich zum Schluss noch offen: Wie gehen wir mit dem Geschenk um? Bei Kindern ist es ja oft so, dass sie ihren neuen Kaufladen oder auch die neue Carrerabahn die ersten Stunden und Tage lieben und ununterbrochen damit spielen. Nach und nach lässt die erste Begeisterung jedoch nach. Man hat sich an das neue Spielzeug gewöhnt. Es ist nur noch eines unter vielen. Unter Umständen staubt es in irgendeiner Ecke ein. Geht es uns mit dem Geschenkpaket Jesus Christus auch so? Ich glaube, es kann leicht passieren, dass das alles zur Gewohnheit für uns wird und deshalb an Bedeutung verliert. Dass wir dem Geschenk nicht mehr den Raum geben, in unser Leben hineinzuwirken. Dass Frieden, Freude und Hoffnung langsam von anderen Dingen wie Stress, Zorn, Sorgen und Problemen überlagert werden. Wie können wir dem entgegenwirken?

Ich denke, wir müssen uns immer und immer wieder daran erinnern, dass wir Beschenkte sind. Das tun wir, indem wir im Austausch mit dem Geschenk selbst, mit Jesus Christus stehen und uns jeden Tag neu von ihm beschenken lassen. Das tun wir, indem wir nicht nur alle Jahre wieder an Weihnachten, sondern jeden Sonntag Gottesdienst feiern und uns dabei von Gottes Wort ermutigen und beschenken lassen. Und das tun wir, indem wir als Christen in der Gemeinde an verschiedenen Stellen und Orten Gemeinschaft haben und uns dabei gegenseitig erinnern: Du bist eine Beschenkte. Du bist ein Beschenkter. Wer es ganz praktisch und anschaulich mag, kann sich ja auch ein kleines Geschenk auf den Schreibtisch oder in die Küche stellen und immer, um sich selbst daran zu erinnern: Ich bin beschenkt.

Gott beschenkt uns mit seinem Sohn Jesus Christus. Dieses ultimative Geschenk beinhaltet Frieden, Freude, Hoffnung und Liebe – und noch viel, viel mehr, was du entdecken wirst, wenn du das Geschenk Jesus Christus für dich persönlich annimmst und dein Leben mit ihm teilst. Ich wünsche dir, dass du dieses Geschenk begeistert entgegennehmen und auspacken kannst – vielleicht heute zum ersten Mal, vielleicht aber auch einfach dieses Jahr mal wieder ganz bewusst. Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass du heute in der Heiligen Nacht von Jesus Christus beschenkt wirst. Amen.

Ich bete mit uns:
Herr Jesus Christus, danke, dass du zu uns in die Welt gekommen bist, um uns zu beschenken. Danke, dass wir durch dich Frieden, Freude und Hoffnung erfahren, die uns verändern und uns ein Leben mit einer anderen Perspektive ermöglichen. Wir bitten dich jetzt für die Menschen, denen genau diese Geschenke fehlen. Und so bringen wir dir die Traurigen und Verzweifelten. Wir beten für die, die in Unfrieden leben und für die, die hoffnungslos sind. Begegne ihnen. Beschenke sie heute am Heiligenabend.  Berühre ihr Herz und zieh sie ganz nah zu dir.

Ich bitte dich auch für diejenigen, die deine Geschenke, ja, dich das größte Geschenk in eine Ecke gestellt haben. Entzünde du neues Feuer für dich und belebe die Beziehung zu dir neu. Und ich befehle dir alle an, die noch zweifeln, die sich unsicher sind, ob das nicht nur schöne, aber doch leere Worte und Versprechungen sind. Begegne du ihnen als lebendiger und wahrer Herr und nimm so all ihre Zweifel weg.

Herr Jesus, ich bitte dich: lass jeden einzelnen von uns heute beschenkt nach Hause gehen.

Amen.

Die Predigt wurde an Heiligabend 2022 in der Christmette in der Auferstehungskirche in Ruit gehalten.
Tags

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert