Liebe Gemeinde,
was möchte das Jesuskind von Ihnen, was möchte es von Dir haben?
Der Junge in der gerade gehörten Geschichte denkt ganz praktisch. Für ihn scheint es logisch, dass das Kind der Krippe die drei tollsten Dinge haben möchte, die er besitzt. Und das liegt doch eigentlich auch auf der Hand. Dem ganz besonderen neugeborenen Baby, Jesus, dem will man doch nur das Beste schenken. Entweder weil man ihm eine große Freude machen möchte. Oder auch weil man gerne gut dastehen möchte. Sich mit einem schäbigen Geschenk die Blöße vor dem besonderen Kind und den anderen geben, das will man auf keinen Fall. Vermutlich wäre der Junge sofort bereitgewesen, Jesus seine Kickstiefel, sein Smartphone und seine elektrische Eisenbahn zu überlassen.
Aber Jesus will das alles gar nicht. Stattdessen will er all die Dinge haben, die bei dem Jungen in letzter Zeit nicht so gut gelaufen sind. Er will alles Ungenügende, Zerbrochene und Böse, damit er es heilen kann.
Und das will er auch von uns haben. Jesus will alles Ungute von uns, damit er uns vergeben kann, damit er uns heilen kann und damit er unser Herz verändern kann. Jesus will das Ungute, um uns Gutes zu tun.



Gerade an den Weihnachtstagen klaffen oft alte Wunden wieder auf. Dinge, die man das ganze Jahr über ganz gut verdrängen kann, überkommen einen plötzlich wieder. Weil man Zeit und Ruhe hat, nachzudenken. Und weil der Kontrast zwischen dem, wie man es gerne hätte und dem, wie es tatsächlich ist, an Weihnachten besonders hervorsticht. So Vieles wollte man vor Weihnachten noch erledigen und so manches hat man mal wieder nicht geschafft. Streit statt o du fröhliche unterm Weihnachtsbaum. Die schlechte Klassenarbeit, die noch im Schulrucksack steckt und in den Ferien den Eltern noch gezeigt werden muss. Einsamkeit. Geldsorgen. Unzufriedenheit mit sich selbst. Das alles scheint so gar nicht zu der festlich-romantischen Weihnachtsstimmung zu passen.
Doch das Kind in der Krippe zeigt nicht mit dem Finger auf uns und sagt: „Du Versager, Du bist es ja gar nicht wert, zu mir zu kommen. Mit einem wie Dir möchte ich nichts zu tun haben.“  Im Gegenteil, es winkt uns ganz nah zu sich heran und bittet darum, alles bei ihm abzuladen, was schiefgelaufen ist.
Denn Jesus Christus ist nicht geboren, um aus nächster Nähe zu sehen, wie toll wir Menschen sind. Im Gegenteil:

Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten.

Lukas 19, 10

So heißt es im Lukasevangelium. An Weihnachten wird Gott Mensch, um das Verlorene zu suchen. Um von uns zu nehmen, was uns belastet. Um das, was kaputt ist, wieder heil zu machen. Um uns zu retten.


Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten.

Lukas 19, 10

Der Vers stammt aus der Geschichte, in der die Begegnung zwischen Jesus und dem Zöllner Zachäus berichtet wird. Zachäus hatte als Zöllner viele übers Ohr gehauen. Außerdem arbeitete er mit den römischen Besatzern zusammen. Dass Jesus gerade zu so einem zum Essen geht, ist vor allem den frommen Schriftgelehrten ein Dorn im Auge. Mit einem, der offensichtlich ein Sünder ist, hat Jesus Gemeinschaft. Das können sie beim besten Willen nicht verstehen. Doch Jesus macht deutlich, dass genau das der Grund seines Kommens ist.

Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten.

Lukas 19, 10

Zachäus war so ein Verlorener. Jesus hat ihn gesucht und gefunden und gerettet.


Es ist auch kein Zufall, dass die Hirten als erste von der Geburt Jesu erfahren haben. Nicht die frommen Schriftgelehrten, die vermeintlich ein perfektes Leben führten. Und auch nicht die Mächtigen, Reichen und Schönen, die man prinzipiell immer einlädt, wenn man was auf sich hält. Nein, scheinbar unbedeutende Hirten waren als erste eingeladen, den neugeborenen Retter in Bethlehem zu besuchen. Und das obwohl sie in der damaligen Gesellschaft wirklich keine angesehenen Leute waren. Aber Gott schickte sogar extra einen ganzen Engelschor, um ihnen die gute Nachricht zu berichten und sie einzuladen. Wir haben es vorhin gehört.

Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten.

Lukas 19, 10

Jesus sucht auch Dich. Und er rettet auch Dich. In Jesus ist Gott Mensch geworden. Dabei hat er ein klares Ziel verfolgt: Er wollte die Beziehung zu seinen Geschöpfen, zu uns Menschen wieder heil machen.
In einzelnen Begegnungen mit Menschen wie Zachäus hat Jesus während seines Lebens bereits gezeigt, was er später im großen und allumfassenden Stil wahrgemacht hat. Jesus ist am Kreuz gestorben und hat dadurch die Beziehung zwischen den Menschen und Gott heil gemacht. Diese heile Beziehung bietet er uns an. Und durch diese heile Beziehung werden auch andere Dinge in unserem Leben wieder heil. Wir kommen mit Gott, mit uns selbst und mit anderen wieder ins Reine.


Der Junge in der Geschichte hat durch seine Begegnung an der Krippe den Grund und den Sinn von Weihnachten verstanden. Zachäus wurde durch die Begegnung mit Jesus verändert. Er gab die Hälfte seines Besitzes den Armen und allen, die er betrogen hatte, zahlte er es vierfach zurück. Auch die Hirten veränderte die Begegnung mit Jesus. Bei ihrer Rückkehr priesen und rühmten sie Gott für alles, was sie gesehen hatten. Sie waren voller Freude und Dankbarkeit. Und auch uns wird die Begegnung mit dem Kind in der Krippe, das zugleich der Retter und Heiland der Welt ist, verändern.
Schön, dass Sie heute hier sind und sich auf diese Begegnung einlassen. Amen.

Die Predigt wurde an Heilig Abend 2019 in der Stadtkirche St. Veit in Waldenbuch gehalten.

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