Predigt (Außenaufnahme)

Liebe Gemeinde,

es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus ist immer noch auf dem Thron.

Diesen Satz postet ein Facebook-Freund von mir jeden Tag mit dem entsprechenden Datum. Das macht er seit Beginn der Pandemie. Er erinnert mich und sicher auch viele andere damit immer wieder an die eigentlichen Machtverhältnisse in dieser Welt: Jesus Christus ist immer noch auf dem Thron.

In unserem heutigen Predigttext erinnert Paulus die Epheser an die Machtverhältnisse und macht deutlich, was diese Macht für die Gemeinde und für uns persönlich bedeutet: Ich lese aus Epheser 1 die Verse 15-23:

15 Darum, nachdem auch ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen, 16 höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet, 17 dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. 18 Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist 19 und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns ist, die wir glauben durch die Wirkung seiner mächtigen Stärke. 20 Mit ihr hat er an Christus gewirkt, als er ihn von den Toten auferweckt hat und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel 21 über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und jeden Namen, der angerufen wird, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. 22 Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, 23 welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.

Epheser 1, 15-23

Es ist der 13. Mai im Jahr 58 nach Christus. Jesus Christus ist immer noch auf dem Thron.

Die Himmelfahrt Jesu liegt erst gute 20 Jahre zurück. Die gute Botschaft von Jesus Christus, von seinem Tod, seiner Auferstehung und auch seiner Rückkehr in den Himmel war mittlerweile auch nach Ephesus gekommen. Der Glaube und die aus dem Glauben resultierende ganz praktische Liebe waren bei den Ephesern groß. Ein Grund für Paulus dankbar zu sein. Er freute sich von Herzen das aus Ephesus zu hören.

Auf der anderen Seite waren aber die Machtverhältnisse für die Epheser noch nicht eindeutig geklärt. Okkultismus und Magie standen hoch im Kurs in der Hafenstadt. Außerdem stand in Ephesus der große, berühmte Tempel der Göttin Artemis. Der Kult um diese Göttin war groß. Auch der römische Kaiserkult war weit verbreitet. Es war gängig in Ephesus seine Knie zu beugen – vor allem Möglichen. Paulus betont deshalb im ganzen Epheserbrief die Macht Jesu Christi. In unserem heutigen Predigtabschnitt in konzentrierter Form. Ihm ist es wichtig zu sagen, dass nur einer wirklich Macht hat und nur ihm alles unter die Füße gelegt ist. Nur Jesus Christus sitzt zur Rechten Gottes.

Zur Rechten Gottes – das ist keine Ortsbeschreibung im eigentlichen Sinne – sondern eine Herrschaftsbeschreibung. Die Rechte Gottes ist eine Umschreibung für Gottes Macht und Kraft und für seine siegreiche Hilfe. Jesus Christus sitzt zur Rechten Gottes und damit auf dem mächtigen Ehrenplatz. Er regiert. Er hat die Macht. Über alles. Eigentlich kommt in der Aussage, dass Christus zur Rechten Gottes eingesetzt ist, schon alles zum Ausdruck. Paulus führt aber trotzdem nochmal auf, was das heißt: Jesus hat die Macht über alle Reiche, über alle Gewalt, über alle Macht, Herrschaft und jeden Namen, der angerufen wird, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. Jesus steht darüber. Er ist die Exekutive Gottes. Seine Regierungsgewalt. Jesus Christus, herrscht als König, alles wird im untertänig, alles legt ihm Gott zu Fuß. Das sollten die Epheser wissen.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus ist immer noch auf dem Thron.

Blicken wir in die Welt, so stellt sich sicher auch vielen von uns die Frage nach den Machtverhältnissen. Jesus Christus herrscht als König. Wirklich? Ist das nur ein theoretisches Machtspiel? Oder hat das praktische Auswirkungen?

Und wenn es welche hat, warum ist dann die Welt wie sie ist? Warum befinden wir uns dann in einer Pandemie? Warum gab und gibt es furchtbare Kriege? Ungerechtigkeit? Gewalt?

Jesus sitzt auf dem Thron und hat die Macht über alles und jeden. Viele halten uns für Spinner, wenn wir so etwas glauben und sagen. Gerade jetzt zeigt sich doch wieder, dass es keinen guten Gott gibt, der die Fäden in der Hand hält. Denn entweder kann Gott nicht gut sein oder nicht mächtig, sonst würde er Katastrophen wie die Pandemie nicht zulassen.

In der sichtbaren Welt scheint sich Jesus mit seiner Macht doch ziemlich zurück zu halten.

Es ist der 13. Mai 58. Jesus Christus ist noch immer auf dem Thron.

So spürbar war das für die Epheser auch nicht. Der beeindruckende Tempel der Artemis war für alle sichtbar. Und dass der Kaiser auf dem Thron sitzt, das hat jeder gesehen. Dass seine Beamten und Soldaten mit Macht auftreten, haben manche sogar zu spüren bekommen. Aber Jesus Christus auf dem Thron, ausgestattet mit der göttlichen Allmacht?

So offensichtlich war das nicht. Darum bittet Paulus für die Epheser um die Erkenntnis der Herrlichkeit Christi und um erleuchtete Augen des Herzens.  Denn um die große Stärke Jesus Christi und all das, was aus ihr resultiert zu erkennen, braucht es genau das: „erleuchtete Augen des Herzens.“

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ – Dieses Zitat aus dem Buch „Der kleine Prinz“ kennen vermutlich viele von uns.

Paulus weiß es besser: Um das Wesentliche zu erkennen, braucht es nicht nur der Blick mit dem Herzen, nein, es braucht den erleuchteten Herzensblick. Das Wesentliche ist nur mit erleuchteten Augen des Herzens zu erkennen. Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus:

Denn Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

2. Korinther 4, 6

Wie Gott am Anfang der Zeit das Licht erschaffen hat, so erleuchtet er unsere Herzen. Und nur mit einem erleuchteten Herzen können wir die Herrlichkeit Christi erkennen.

Die Herrlichkeit, die auf den ersten Blick so gar nicht offensichtlich ist. Die Herrlichkeit ist nämlich im Angesicht Christi – das heißt im Angesicht des Gekreuzigten zu erkennen. Der von Geburt an verblendete Mensch kann das nicht erkennen. Er sieht in Christus einen gescheiterten Revolutionär, einen Spinner oder vielleicht auch einen guten Menschen, dessen Ideen weiterleben, auch wenn er selbst leider sterben musste. Nur mit erleuchteten Augen des Herzen erkannten die Epheser damals und erkennen wir heute in Jesus Christus den König, der vom Tod auferstanden ist, sich zur Rechten Gottes gesetzt hat und alle Macht in Händen hält.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus ist immer noch auf dem Thron.

Mit erleuchteten Augen des Herzens erkennen wir das – auch gegen allen Augenschein. Christus regiert, egal, ob wir das spüren und sehen, ob wir das glauben oder nicht. Jesus regiert. Das heißt, keine Pandemie, keine Terrorgruppe, kein Diktator und auch keine amerikanischen Multimilliardäre, die scheinbar im Verborgenen die Welt lenken, sind mächtiger als Jesus Christus. Jesus Christus herrscht als König.

Bis vor Corona war uns das hier im sicheren, kuscheligen und bequemen Deutschland relativ egal wie die eigentlichen Machtverhältnisse aussehen. Für unsere verfolgten Glaubensgeschwister war und ist diese Wahrheit auch unabhängig von Corona zentral: Jesus Christus ist mächtiger. Und zu seiner Zeit wird er eingreifen und die Mächtigen dieser Welt vom Thron stürzen und all dem Bösen ein Ende schaffen. Die Geschichte zeigt und bestätigt diese Wahrheit: Die Mächtigen kommen und gehen. Christus bleibt.

Wenn Christus Herr über alle Welt ist, dann heißt das auch, dass er in meinem Leben Herr über alles ist: Über meine Krankheit, über unsere Eheprobleme, über die Schwierigkeiten mit meinem Chef, über den Stress mit meinem Lehrer: Nichts ist stärker als Christus. Warum er nicht immer eingreift und warum er die Not nicht immer wendet, das wissen wir nicht. Aber es liegt nicht daran, dass er es nicht kann. Und deshalb dürfen wir ihm auch mit unseren Anliegen in den Ohren liegen. Deshalb wenden wir uns mit unseren Sorgen im Gebet an ihn. Zu den scheinbar Mächtigen in dieser Welt haben wir keinen direkten Zugang. Wenn wir Bundeskanzlerin Merkel oder President Biden eine Mail schreiben, wird die vermutlich nie von ihnen selbst gelesen werden. Zu Jesus Christus haben wir einen direkten Zugang: im Gebet können wir jederzeit zu ihm kommen und ihn bitten, unsere Not zu wenden.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus sitzt immer noch auf dem Thron.

Kritisch könnte man jetzt fragen: Wenn das nur eine Sache des Glaubens ist und in meinem Leben dann aber doch kaum Auswirkungen hat. Wenn am Ende doch der Krebs siegt oder die Bösen triumphieren. Was hilft es mir dann, das zu akzeptieren? Warum soll ich an der Herrschaft Christi auch gegen alles Augenscheinliche festhalten? Paulus schreibt, Jesus Christus ist Herr über diese Welt und über die kommende. Das heißt, er ist auch der Herr über den Tod. Deshalb steh ich mit Christus immer auf der Siegerseite – auch wenn das für die Welt auch nicht so aussieht und nach weltlichen Maßstäben anders bewertet wird. Am Ende steh ich vor seinem Thron. Denn er ist auch noch der König, wenn die Mächte dieser Welt mich nicht mehr tangieren.

Und ich bin und bleibe sein geliebtes Königskind. Nichts kann mich von seiner Liebe trennen, die stärker ist als der Tod.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus sitzt immer noch auf dem Thron.

Ein Punkt ist Paulus noch besonders wichtig: Jesus Christus ist das Haupt über alles und damit auch sogleich das Haupt der Gemeinde. So schreibt es Paulus. Das ist eigentlich logisch, aber Paulus erwähnt es nochmal explizit. Vermutlich auch, weil das so selbstverständlich ist, dass es manchmal oder auch viel zu oft wieder aus dem Blick gerät.

Auf der letzten Synodensitzung hat unser Landesbischof in seinem Bischofsbericht Stellung zu den 12 Leitsätzen zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche der EKD gegeben. Unser Dekan Gunther Seibold erinnerte in seinem Votum zu dieser Rede daran, dass es gilt, zuerst darauf zu achten, was Gott tut und tun wird. Bei allem Aktionismus müssten und sollten doch gerade wir als Kirche mit Gott rechnen. Jesus Christus ist das Haupt und er hat auch die Macht über Kirchenmitgliedszahlen, Finanzen und kirchenpolitischen Fragen.

Diese Rolle müssen wir ihm aber auch zugestehen. Bei all unserem Tun muss er im Zentrum stehen. Es darf auch in der Kirche um Geselligkeit und Spaß gehen, es muss auch um Finanzen und Baumaßnahmen gehen, aber wenn Christus nicht im Zentrum steht, können wir den Laden dicht machen. Denn Hauptsache ist, dass die Hauptsache Hauptsache ist – wie man so schön sagt. Auch in der Kirche ist es nicht planbar, wann und wie Gott eingreift und handelt, aber wir sollten definitiv stets mit ihm rechnen. Die Zukunft der Gemeinde liegt nicht in unserer Hand, sondern in Gottes Hand. Gott sei Dank.

Das hört sich jetzt so an, als könnten wir uns getrost zurücklehnen und warten, was Christus tut. Gerade in der Kirche. Missionarische und innovative Veranstaltungen können wir dann getrost sein lassen und auch Strukturdebatten brauchen wir nicht mehr zu führen. Gott wird es schon richten für uns. Dann können wir ja bequem die Füße hochlegen.

Aber so ist es nicht. Christus ist das Haupt der Gemeinde und wir, die Gemeinde, sind sein Leib. Das ist ein zentraler Punkt, denn durch die Gemeinde, das heißt durch uns übt Christus seine Herrschaft zum Heil aus. Sicher nicht exklusiv.

Christus wirkt auch unabhängig und über die Gemeinde hinaus. Aber er wirkt eben auch durch uns in dieser Welt. Wenn also von der Herrschaft Gottes in dieser Welt nichts zu spüren ist, dann mag das auch daran liegen, dass sein Leib träge ist und die göttliche Stärke nicht zur Geltung kommen lässt.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus sitzt immer noch auf dem Thron.

Was wir Christen hoffen und glauben ist nicht unbegründet. Auch wenn es der Welt so scheint. Nein, unsere Hoffnung ist begründet, weil der Ausgangspunkt die Auferweckung Jesu Christi ist. Hier hat Gott seine Macht erwiesen. Mit dieser Macht erweckt er den Glauben in uns und mit dieser Macht will er auch die Herzensaugen vieler anderer Menschen noch erwecken. Dazu gebraucht er uns. Deshalb müssen wir weiter überlegen, wie wir mit den bestmöglichsten Strukturen und Formaten Menschen erreichen. Deshalb müssen wir planen, wie wir unsere Ressourcen einsetzen und verwalten. Aber bei all dem muss uns bewusst sein, dass Christus das Haupt ist und dass es um ihn und die Ausbreitung seiner Herrschaft geht.

Es ist der 13. Mai 2021. Jesus Christus sitzt immer noch auf dem Thron.

Auch wenn es für die Welt noch nicht offensichtlich ist. Auch wenn es bisher nur die erkennen können, denen erleuchtete Augen des Herzens geschenkt sind, auch wenn scheinbar alles dagegen spricht, ist es umso wichtiger, dass wir daran festhalten, uns gegenseitig daran erinnern und mit dieser Gewissheit ermutigen: Jesus Christus sitzt auf dem Thron. Amen.

Die Predigt wurde im Gottesdienst an Himmelfahrt, den 13. Mai 2021 in Ruit beim Gottesdienst im Grünen vor der Grundschule gehalten.

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