Liebe Gemeinde,
eine meiner liebsten Weihnachtsgeschichten erzählt davon, wie Jesus in der Adventszeit undercover auf die Erde kommt. Er möchte schauen, ob er noch erwartet wird. Im vorweihnachtlichen Einkaufstrubel stellt er schnell fest, dass keiner so richtig auf ihn zu warten scheint. Etwas frustriert will Jesus dann den Rat eines Fachmannes einholen und geht in eine Kirche. Dort wird gerade eine Messe gefeiert. Der zelebrierende Priester ruft: „Geheimnis des Glaubens!“ und die wenigen Gläubigen antworteten: „Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit!“ Da freut sich Jesus sehr. Sein Kommen wird tatsächlich noch erwartet.
Nach dem Gottesdienst geht Jesus in die Sakristei, wo der Priester sich gerade seine Messgewänder auszieht.
„Kommt er wirklich an Weihnachten?“, fragt Jesus Christus den Priester strahlend. Der Pfarrer ist ganz irritiert. „Wer soll an Weihnachten kommen?“ Jesus kann sich im letzten Moment noch zusammennehmen. Beinahe hätte er gesagt: „Natürlich ich, wer denn sonst?“, aber so erwidert er nur: „Jesus Christus, der wiederkommen wird.“
„Von welcher Sekte sind Sie?“ fragt daraufhin der Pfarrer misstrauisch.
„Sie haben es doch vorhin im Gottesdienst selbst gesagt und in der Bibel steht es doch auch.“
Der Pfarrer schaut nun ganz mitleidig Jesus an und erklärt ihm „Sie dürfen das alles nicht so wörtlich nehmen. Sie müssen die Bibel richtig deuten. Sie müssen das symbolisch verstehen. Verstehen Sie?“
Nein, Jesus verstand nicht. „Nun, was wäre denn, wenn er an Weihnachten wirklich in Ihrer Kirche stehen würde?“ Der Pfarrer überlegt kurz: „Ja, da müssten wir uns wohl freuen, was?!“, meint er, „obwohl, unter uns gesagt, da wäre wirklich der dümmste Moment. Wissen Sie, der Kirchenchor probt seit Monaten die Krönungsmesse, und mit den Ministranten habe ich immer meine liebe Mühe. Das will ja immer alles so gut eingeübt sein, das erträgt keine Störung. Abgesehen davon, warum sollte er ausgerechnet dieses Jahr an Weihnachten kommen? Nein, guter Mann, zerbrechen Sie sich nicht den Kopf mit Dingen, die über Ihren Verstand hinausgehen!“


Advent heißt Ankunft und in der Adventszeit denken wir dabei vor allem an die Ankunft Gottes als Kind in der Krippe vor mehr als 2000 Jahren in Bethlehem. Aber die Adventszeit ist nicht nur eine Wartezeit, um an eine schon geschehene Ankunft zu erinnern. Die Adventszeit will uns auch wieder daran erinnern, dass er noch eine Ankunft geben wird. Jesus Christus wird wiederkommen.
Wie geht es Ihnen damit? Rechnen Sie noch damit, dass Jesus Christus eines Tages zurück auf die Erde kommen wird? Glauben Sie das? Und welche Auswirkung hat dieses Wissen für Ihr Leben im Hier und Heute?


Die Bibel spricht an vielen Stellen von der Wiederkunft Christi. Im Lukasevangelium spricht Jesus in seiner sogenannten Endzeitrede selbst von seinem Wiederkommen. Unser heutiger Predigttext ist ein Abschnitt aus dieser Rede. Ich lese aus Lukas 21 die Verse 25-33:

25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres,
26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
27 Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an:
30 wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wisst ihr selber, dass der Sommer schon nahe ist.
31 So auch ihr: Wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.
32 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht.
33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.

Lukas 21, 25-33

Liebe Gemeinde, dieser Text bietet Stoff für einen dramatischen Weltuntergangsfilm. Stellen Sie sich das Beschriebene einmal bildlich vor. Der Kosmos gerät aus seinen Fugen. Am Himmel spielen die Himmelskörper verrückt. Auf der Erde eine große Sturmflut. Es herrscht das pure Chaos. Die Menschen sind voller Furcht. Gelähmt von Angst. Sie wissen nicht, was als nächstes noch alles passieren wird.
Wir springen mit unserem Textabschnitt mitten in diesen Film hinein. Liest man die Verse davor, dann kann man noch einige Szenen hinzufügen, in denen es um Krieg und Vertreibung geht. Man sieht Tausende von Menschen, ja sogar hochschwangere Frauen auf der Flucht. Sie lassen alles stehen und liegen und rennen um ihr Leben. Weltuntergangsstimmung.
Und dann plötzlich. In diesem Chaos erscheint am Himmel der Menschsohn auf einer Wolke. Ausgerüstet mit großer Kraft und Herrlichkeit. Im Film dargestellt durch ein helles Licht und untermalt von passender, majestätischer Musik.


So oder so ähnlich könnte man das Beschriebene im Film darstellen. Aber Jesus schreibt kein Drehbuch für einen spannenden Film, Jesus beschreibt hier tatsächlich das Ende der Welt, wie wir sie kennen und den Tag seiner Wiederkunft. Mit warmen Kerzenschein, heißem Punsch und gemütlicher Adventszeit hat das zugegeben nicht viel zu tun. Das von Jesus Beschriebene löst vermutlich in den meisten von uns eher ein ungutes Gefühl aus.
Jesus will uns mit seinen Worten aber keine Angst machen, sondern uns vorbereiten. Und deshalb gibt er seinen Nachfolgern eine Anweisung für den Tag, an dem er wiederkommen wird.

„Wenn das passiert“, sagt er, „wenn das alles passiert, dann seht auf und erhebt eure Häupter.“

Lukas 21, 28

Wörtlich steht da sogar, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter. Das ist mehr als ein leer daher gesagtes Kopfhoch.
Gegen allen Anschein sind am Ende der Zeit die, die mit der Wiederkunft Jesu rechnen, gefragt, sich aufzurichten. Nicht in Angst verkrümmt und unter Sorgen gebeugt, sondern aufrecht und stark sehen die Anhänger Jesu der Zukunft und der Ankunft Jesu entgegen.
Wir Christen können und sollen uns aufrichten, weil in dieses weltliche Chaos hinein unser Erlöser kommt. Unser Retter. Der Menschensohn mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wir Christen müssen keine Angst vor einem drohenden Weltuntergang haben, denn wir gehen immer nur auf das Kommen unseres Herrn und unsere Erlösung zu.
Jesus Christus, an den wir glauben, sichert uns zu: „Wenn es in der Welt auch drunter und drüber geht, dann steckt euren Kopf nicht in den Sand, sondern richtet euch auf, erhebt eure Köpfe, denn ich, euer Erlöser bin am Kommen.“ Seht auf und erhebt eure Häupter, das ist echter Trost, der aus der christlichen Hoffnung erwächst.
Der Moderator Peter Hahne hat uns Christen einmal als GmbH bezeichnet, als eine Gemeinschaft mit begründeter Hoffnung.
Strahlen wir das als Christen aus? Merkt man uns als Kirche an, dass wir eine GmbH sind?
Wie gehen wir um mit den Schreckensnachrichten dieser Welt? Klimawandel. Drohende Rezession. Weltweites Elend, das so groß und unerträglich für uns ist, dass die Medien es schon gar nicht mehr berichten. Zum Beispiel im Kongo oder im Jemen. Stecken wir den Kopf in den Sand? Oder starren wir wie Kaninchen auf die Schlangen dieser Welt und lassen uns von den Zeichen der Zeit lähmen?
Ich meine, es ist entscheidend, dass wir uns an die Anweisung Jesu halten und auf ihn, unseren Erlöser blicken. Denn nur, wenn wir den Kopf nicht im Sand stecken haben, haben wir auch die Möglichkeit, im Hier und Jetzt mit Worten und Taten Hoffnung zu verbreiten. Wir werden diese Welt nicht ein Paradies verwandeln. Allein Christus wird mit seiner Wiederkunft sein Reich vollends aufrichten. Aber wir können Hoffnung ausbreiten und damit auch anderen Menschen helfen, ihren Kopf aus dem Sand zu ziehen und auf Christus zu blicken. Und das kann im ganz Kleinen beginnen:
Wir können Hoffnung verbreiten, indem wir an einem trostlosen Wintertag den Menschen, die uns auf der Straße begegnen ein Lächeln schenken. Wir werden zu Hoffnungsträgern, wenn wir unseren Kollegen zu unserem Weihnachtsgeschenkle auch noch zwei Sätze sagen, was uns Weihnachten und die Geburt Jesu Christi bedeutet. Wir verschenken Hoffnung, indem wir andere an unserem Reichtum teilhaben lassen, indem wir offene Augen und Ohren für die Menschen in unserem Umfeld haben, indem wir unsere kranke Nachbarin mal wieder besuchen oder unsere etwas einsame Freundin mal wieder anrufen, auch wenn es vielleicht anstrengend ist.
Wir Christen können eine sehr erfolgreiche GmbH sein, weil unser Gründer und Geschäftsführer Jesus Christus mit seiner Auferstehung den Tod und damit alles Böse schon einmal besiegt hat. Und am Ende wird er als der große Sieger wiederkommen. Jesus Christus bereitet seine Jünger damals und uns heute darauf vor: Der Himmel und die Erde, wie wir sie kennen, werden nicht auf ewig bestehen. Sie werden vergehen. Was bleibt, sind die Worte Christi. Seine Zusagen haben Bestand.  Auf Worte Jesu wie

Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.

Matthäus 11, 28

Oder

Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.

Johannes 11, 25

Können wir bauen. Daran können wir uns festhalten, auch wenn unsere persönliche Welt durch einen Verlust, einen Tod oder eine andere Krise ins Wanken gerät. Und auch wenn der ganze Kosmos über uns zusammenbricht. Jesus ist treu. Seine Zusagen gelten und haben auch dann noch Bestand, wenn alles andere zusammenfällt.
Weil wir uns dessen sicher sein können, deshalb sind wir eine GmbH, eine Gemeinschaft begründeter Hoffnung und deshalb können wir auch Hoffnung und Zuversicht in unserer Welt verbreiten.
Man kann nun viel spekulieren, wann es denn nun so weit sein wird. Wann das von Jesus Beschriebene eintritt und er tatsächlich wiederkommt. Im Vergleich zur Adventszeit fehlen uns für die Wiederkunft Jesu der Adventskalender und der Adventskranz, die uns das Warten einteilen und verkürzen. Die ersten Christen gingen davon aus, dass Jesu sehr bald schon wiederkommen würde. Und seither wurden in den vergangenen 2000 Jahren die Zeichen der Zeit immer wieder auf das Ende hingedeutet.
Auch heute könnte man so manche Naturkatastrophe als Zeichen des Endes begreifen.
Doch es ist nicht an uns, die Wiederkunft Jesu zu terminieren. Jesus gibt seinen Jüngern zwar das Gleichnis vom Feigenbaum an die Hand. Damit versichert ihnen, dass das Reich Gottes so gewiss kommen wird, wie der Feigenbaum jedes Jahr neu ausschlägt und grünt. Er macht aber an verschiedenen Stellen auch deutlich, dass das Ende so plötzlich und unerwartet wie ein Dieb in der Nacht kommen wird. Es ist also nicht an uns, zu deuten, wann denn nun genau das Ende kommt. Aber es ist unsere Aufgabe, vorbereitet zu sein. Und Vorbereitung heißt, den Blick auf Christus zu richten. Die Blickrichtung auf unseren Erlöser ist zu jeder Zeit die richtige.
Advent. Wir warten auf das Kommen unseres Erlösers. Wir warten auf Weihnachten und erinnern und an sein erstes Kommen. Und wir warten auf sein zweites Kommen. Beim nächsten Mal wird er nicht als schreiendes Baby in einem Kaff wiederkommen. Nein, für alle sichtbar. Mit großer Macht und Herrlichkeit. Um die Erlösung zu vollenden.
Für uns Christen ist es der Grund, warum wir trotz allem Chaos und gegen allen Anschein den Kopf hoch halten können. Als Gemeinschaft begründeter Hoffnung haben wir einen Auftrag in und für diese Welt. Lassen Sie uns im Sinne unserer Firma aktiv sein und gerade auch in der Advents- und Weihnachtszeit Hoffnung verbreiten.
Amen.

Die Predigt wurde am 2. Advent 2019 in der Stadtkirche St. Veit in Waldenbuch gehalten.
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