Liebe Gemeinde,
wenn man ein Kind lobt, soll man das nicht einfach pauschal tun. Wenn also ein Kind zum Beispiel mit einem Kunstwerk zu einem kommt, soll man nicht einfach sagen: „Toll gemacht.“ oder „Oh, das ist aber schön.“ Besser ist es, wenn man konkret lobt. Man sagt dann zum Beispiel: „Das ist ein schönes Bild. Besonders toll hast du die Sonne gemalt.“ Oder so in die Richtung.
Unser heutiger Predigttext ist ein Lob für Gott. Der ganze Text begründet, warum Gott Lob und Ehre gebührt. Ich lese Epheser 1,3-14:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit allem Segen, der von seinem Geist erfüllt ist. Im Himmel hält er ihn für uns bereit. Denn wir gehören zu Christus. Weil wir zu ihm gehören, hat Gott uns bereits erwählt, bevor die Welt erschaffen wurde. Denn wir sollen heilig und makellos vor ihn treten können in der Liebe. Er hat uns im Voraus dazu bestimmt, seine Kinder zu werden. Durch Jesus Christus hat er uns dazu gemacht, und zu ihm sollen wir gehören. So gefiel es Gott, und das war sein Wille. Das geschieht zum Lob seiner herrlichen Gnade. Die hat er uns durch den geschenkt, den er liebt. Weil wir zu ihm gehören, schenkt Gott uns durch sein Blut die Erlösung. Damit schenkt er uns zugleich die Vergebung unserer Verfehlungen. So reich ist seine Gnade. Er gewährt sie uns über jedes Maß hinaus und schenkt uns alle Weisheit und Einsicht. Er hat uns das Geheimnis seines Willens offenbart. So gefiel es ihm, und so hatte er es beschlossen: Durch Christus sollte die Zeit erfüllt werden. Unter Christus als dem Haupt sollte alles zusammengefasst werden im Himmel und auf der Erde. Weil wir zu Christus gehören, wurden wir als Erben eingesetzt – so wie Gott es für uns im Voraus bestimmt hat. So hat er es beschlossen, der ja alles bewirkt. Nach seinem Willen sollte es geschehen. Denn wir sollen dem Lob seiner Herrlichkeit dienen – wir, die schon zuvor auf Christus gehofft haben. Weil ihr zu ihm gehört, hat Gott auch euch sein Siegel aufgedrückt. Dieses Siegel ist der Heilige Geist, den er versprochen hat. Denn ihr habt die Verkündigung der Wahrheit gehört: die Gute Nachricht von eurer Rettung. Ihr habt diese Botschaft im Glauben angenommen. Der Heilige Geist ist der Vorschuss auf unser Erbe, bis Gott uns als sein Eigentum endgültig erlöst. So dient das alles dem Lob von Gottes Herrlichkeit.
Epheser 1, 3-14
Wow – was für ein dichter und intensiver Lobpreis! Mit diesem großen Lob für Gott beginnt Paulus seinen Brief an die Gemeinde in Ephesus. Es ist ein konkretes Lob und es ist ein überschwängliches Lob. Im Griechischen ist der ganze Text nur ein Satz. Es ist der längste im ganzen Neuen Testament. In den packt Paulus alles rein, wofür Gott zu loben ist. Er lobt Gott nicht pauschal, sondern schildert ziemlich konkret Gottes ganzen Rettungsplan für uns Menschen – von der Erwählung noch vor der Schöpfung bis zur Einlösung und Vollendung unserer Erwählung.
Schauen wir uns genauer an, was Paulus zu so einem überschwänglichen Lob bringt. Das Griechische legt nahe, das Handeln Gottes in vier Hauptpunkte einzuteilen. An diesen werden wir uns jetzt orientieren:
1. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet!
Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus hat uns gesegnet.
Segen. Was ist das eigentlich? Im Alten Testament ist Segen oft materiell sichtbar. Gesegnet ist der, der viele Viehherden oder anderen Wohlstand hat. Hier handelt es sich um eine andere Form von Segen. Paulus charakterisiert ihn näher. Er schreibt: „Er hat uns gesegnet mit allem Segen, der von seinem Geist erfüllt ist.“ (Vers 3) Es geht also um eine Art geistlichen Segen. Einen Segen, den der Heilige Geist wirkt.
Übersetzt man das Wort „segnen“ wörtlich, dann heißt es: „von jemand gut reden“. Das heißt, Gott hat uns gesegnet meint Gott hat Gott von uns gerdet. Paulus benutzt hier im Griechischen ein Wortspiel, das im Deutschen nicht richtig wiedergegeben werden kann. Denn das Wort für „loben“ und „segnen“ ist in diesem Fall das gleiche. Wir reden also gut von Gott, weil er gut von uns redet. Wir loben ihn, weil er uns gesegnet hat. Okay, dass wir gut von Gott reden, das hat seine Gründe, denn Gott ist gut, heilig und makellos. Aber wir? Von mir gibt es an manchen Tagen kaum etwas Gutes zu erzählen.
An uns kann es also nicht liegen, dass er gut von uns redet. Nein, es liegt an unserer Zugehörigkeit zu Jesus Christus. Wir gehören zu Christus. Das hat Gott schon bevor er diesen Kosmos gemacht hat, entschieden. Paulus schreibt: Gott hat uns erwählt. Auch in diesem griechischen Verb steckt das Wort sprechen drin. Wörtlich heißt es: Gott hat sich für uns ausgesprochen.
Und deshalb redet er auch gut über uns. Nicht, weil wir nur Gutes tun oder so toll sind, nein, weil Gott sich uns ausgesucht hat. Sich für uns entschieden hat. Das ist so ähnlich, wie wenn ein Mann von seiner Verlobten schwärmt. Oder umgekehrt. Die beiden haben sich füreinander ausgesprochen. Er hat sie und sie ihn erwählt. Und jetzt reden die beiden (hoffentlich) gut übereinander.
Gott hat sich uns auserwählt, weil er möchte, dass wir heilig und untadelig vor ihn treten können in der Liebe. Heilig und untadelig. Das heißt absolut fehlerlos. Und dass in der Liebe, das heißt nicht nur sonntags und im Gottesdienst, sondern im Alltag. Unser ganzes Tun und Sein soll von der Liebe geprägt sein. Andere sollen an mir sehen und spüren, dass mich Jesus mit seiner Liebe prägt. Moment, denkt jetzt vielleicht der ein oder die andere. Moment: Bin ich jetzt gar nicht von Gott erwählt? Hat er sich vielleicht doch nicht für mich ausgesprochen? Denn untadelig und heilig in der Liebe bin ich ganz sicher nicht. Erst heute Morgen habe ich meine Kinder angeschnauzt, mich über meinen Ehepartner aufgeregt oder dem Menschen, der mir meinen Parkplatz weggeschnappt hat, nichts Schönes gewünscht.
Es geht nicht darum, dass wir perfekte und fehlerlose Vorzeigechristen sind und Gott nur dann gut von uns redet und sich nur dann für uns ausspricht. Es geht nicht um ein Wenn-dann- Prinzip, sondern um ein Weil-Deshalb. Gott spricht sich nicht nur dann für mich aus, wenn ich mich furchtbar anstrenge und tadellos bin. Sondern weil Gott sich für mich ausgesprochen hat, redet er gut von mir. Weil er mich liebt, deshalb will er mich haben. Und wenn wir jetzt wie die kleinen Kinder immer noch aber warum? fragen, dann ist die Antwort: „Einfach weil!“ Die Liebe und die Entscheidung Gottes für mich brauchen keine Begründung. Aber sie verändern mich und machen mich liebenswert.
Vielleicht so wie damals den kleinen Ramon in Brasilien. Er war der wildeste Rabauke in der Vorschulklasse, in der ich während meines FSJs arbeitete. Die Lehrerinnen hatten ihn aufgegeben. Er wurde ignoriert und wenn es gar nicht anders ging, bestraft. Bei seinen Aufgaben und Arbeitsblättern half ihm schon lange niemand mehr. Auch mich brachte der Kleine an meine Grenzen. Doch irgendwann beschloss ich, bewusst in ihn zu investieren. Ihm besonders viel Aufmerksamkeit, Zeit und Liebe zu schenken. Und das veränderte den Kleinen. So ist es, wenn Gott uns auserwählt und liebt. Wir verdienen es nicht, aber es verändert uns.
Gott redet gut über uns und er spricht sich für uns aus, weil er uns haben möchte. Er möchte uns als seine Kinder haben. Damit kommen wir zum zweiten Grund, Gott zu loben.
2. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns im Voraus dazu bestimmt, seine Kinder zu werden
Kindsein ist super. Das denke ich fast jeden Tag. Manchmal da wäre ich auch gerne wieder ein Kind. Ich muss mich nicht um den Haushalt kümmern, jeden Tag bekomme ich einfach so etwas zu essen, meine Hosen und Schuhe kann ich nach Herzenslust einmatschen ohne über das Putzen und Waschen nachdenken zu müssen und wenn ich einen Mittagschlaf mache, freuen sich alle…Kindsein ist toll. Und Gotteskind sein ist noch viel toller. Denn Gotteskind zu sein, beinhaltet noch vielmehr als alltägliche Unbeschwertheit und Sorglosigkeit. Es beinhaltet endgültige Unbeschwertheit und Sorglosigkeit, weil es die Vergebung unserer Verfehlungen und damit unsere Erlösung bedeutet. „Weil wir zu ihm gehören, schenkt Gott uns durch sein Blut die Erlösung. Damit schenkt er uns zugleich die Vergebung unserer Verfehlungen. So reich ist seine Gnade.“ Amazing grace! Unbegreifliche Gnade ist das. Gott macht uns zu seinen Kindern und durch das Blut seines Sohnes Jesus Christus schenkt er uns alles, was wir brauchen. Seine Gnade. Über jedes Maß hinaus. Das heißt ohne Ende. Ohne ein „Jetzt reicht es mir.“ und ohne „allerletzte Ermahnung“ oder „eine allerletzte Chance.“
Gottes Gnade für uns kennt kein Ende. Es war und ist sein Wille, dass wir seine Kinder sind. Dass wir zu ihm gehören und in Beziehung mit ihm leben. Dass wir „Vater“ zu ihm sagen. Das gefällt Gott. Und wie der Vater in der Geschichte vom verlorenen Sohn mit offenen Armen dasteht, steht unser himmlischer Vater immer mit offenen Armen da. Wir sind und bleiben seine Kinder. Wir können keinen Mist bauen, der so groß ist, dass er uns nicht mehr als seinen Sohn oder seine Tochter haben möchte. Nein, sogar wenn wir vor ihm weglaufen, wartet er auf uns und freut sich, wenn wir wieder in seine Arme zurückkommen. So reich und groß ist seine Gnade. Wären wir jetzt in einer charismatischen Gemeinde in Afrika oder Südamerika, würdet ihr alle jetzt AMEN oder HALLELUJAH rufen. Denn wenn wir uns die Größe der Gnade Gottes bewusst machen, dann führt uns das zum Lobpreis. Dann können wir nur staunen und uns freuen und Gott zujubeln. Hallelujah!
Gott macht uns zu seinen Kindern und dabei hält er uns nicht dumm und unwissend. Nein, er schenkt uns als seine Kinder alle Weisheit und Einsicht. Und damit kommen wir zum dritten:
3. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns das Geheimnis seines Willens offenbart
Unser Gott ist kein ferner, mystischer und uns völlig unverständlicher Gott. Nein, er hat uns seinen Willen offenbart. Seinen Heilswillen. Er will, dass sich unter Christus alles sammelt – im Himmel und auf Erden. Durch Christus sollte die Zeit erfüllt werden.
Im Zentrum des Handeln Gottes steht Jesus Christus. Er ist der Dreh- und Angelpunkt. Er ist das Zentrum der Geschichte. Durch ihn wird Gottes heilsschaffendes Handeln für uns erst sichtbar und erkennbar. Durch ihn wird dieser dreieinige Gott, der für uns so schwer zu begreifen ist, erfahrbar. In Jesus erkennen wir Gottes Wesen. Seine Liebe. Seine Hingabe. Sein Rettungshandeln an und für uns.
Die Begründung des Tuns Gottes ist auch hier, das Lob. Denn wir sollen dem Lob seiner Herrlichkeit dienen. Wenn wir Einblick in Gottes Willen bekommen, wenn wir verstehen, was er für uns getan hat, wenn wir in und durch Jesus die Liebe Gottes zu uns erkennen, dann können wir gar nicht anders als in den Lobpreis einstimmen. Dass wir zu Gott gehören, ehrt Gott und als zu ihm Gehörende ehren wir Gott. Unser Sein hat seinen tiefsten Sinn darin, dass wir mit unserem Leben Gott loben und ehren. HALLELUJAH.
Als Kinder Gottes haben wir ein besonderes Kennzeichen. Und damit kommen wir zum vierten und letzten Grund des Lobpreises:
4. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat euch sein Siegel aufgedrückt.
Wir haben ein Label, an dem man erkennt, dass wir Christen sind: der Heilige Geist. Er weist uns als Kinder Gottes aus. Wie der Steiff-Knopf im Ohr den echten Steiff-Teddy und der Mercedes-Stern auf der Kühlerhaube den echten Mercedes. Als Jesus die Erde verlassen hat, hat er angekündigt und versprochen, dass er seinen Geist sozusagen als Stellvertreter schicken wird. An Pfingsten ist er auf die Apostel gekommen und seitdem ist er in allen am Werk, die die gute Nachricht von der Rettung durch Jesus Christus nicht nur hören, sondern sie auch im Glauben für sich persönlich annehmen. Alle, die glauben und bekennen, Jesus Christus ist mein Erlöser, durch ihn bin ich ein Gotteskind, in denen wirkt der Heilige Geist.
Nur ist der Heilige Geist im Vergleich zu dem Steiff-Knopf und dem Mercedes-Stern ja jetzt nicht sichtbar, oder? Es wäre praktisch, wenn jeder, der vom Geist ergriffen ist, ein kleines Flämmchen auf dem Kopf hätte oder so. Von weitem ist der Heilige Geist aber nicht zu erkennen. Aber von innen und aus der Nähe: Denn Christen und ihre Mitmenschen merken, dass da eine verändernde Kraft am Wirken ist, die nicht aus ihnen selber stammt, die aber ihre ganze Persönlichkeit miteinbezieht. Die die Augen für Jesus und sein Tun öffnet. Die uns Mut und Kraft gibt, zu bezeugen, was wir glauben. Die uns Geduld für die Anstrengenden, Liebe auch für die Nervigen und Hoffnung sogar im Angesicht des Todes schenkt.
Der Heilige Geist wirkt in uns den Glauben, er verändert und befähigt uns und er ist der Vorschuss auf unser Erbe bis Gott uns als sein Eigentum endgültig erlöst. Das heißt, der Heilige Geist macht uns immer wieder klar, dass wir zu Jesus Christus gehören dürfen und damit eine Lebensperspektive bis in die Ewigkeit hinein haben. So bringt er uns dazu, Gott zu loben. So dient alles dem Lob von Gottes Herrlichkeit. Und so steht am Ende wie am Anfang das Lob Gottes.
Ist Ihnen und euch etwas aufgefallen? Am großen Rettungs- und Heilsplan Gottes sind alle drei beteiligt: Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Wir sind erwählt durch den Vater, gesegnet und erlöst durch den Sohn und versiegelt durch den Heiligen Geist. Das ist die Arbeitsteilung, die sich hier rauskristallisiert. An manchen Stellen können wir aber auch gar nicht so genau sagen, wer jetzt wie genau handelt. In dem langen griechischen Satz ist das grammatikalisch schon gar nicht immer eindeutig. Aber darauf kommt es auch nicht an – Weil es der Wille Gottes ist, weil sie gemeinsam am Werk sind, deshalb sind wir Kinder Gottes. Darauf kommt es an. Darüber freue ich mich wahnsinnig. Es begeistert mich. Und es bringt mich dazu, den dreieinigen Gott zu loben. Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus!
Amen.
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Die Predigt wurde am 26. Mai 2024 in der Auferstehungskirche in Ruit gehalten.
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